10.04.2018    1 Bild

Konjunkturlokomotive dampft davon: Was bremst das Gewerbe und Handwerk?

Mit einem realen Umsatzplus von 1,4 Prozent ist die Entwicklung gut, doch Fachkräftemangel und die Preisentwicklung sind die derzeit größten Hemmschuhe für einen starken Aufschwung.
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Walter Bornett, Direktor der KMU-Forschung Austria, Franz Jirka, Spartenobmann Gewerbe und Handwerk Tirol, und Ludwig Kössler, Spartengeschäftsführer (v. l.).

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Die Tiroler Betriebe konnten im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr ihre nominellen Umsätze um 3,3 Prozent steigern (2016 gegenüber 2015: +3,5 Prozent). Die Entwicklung ist in Bezug auf das österreichweite Gewerbe und Handwerk zwar erfreulich, das Wachstum hinkt jedoch der Gesamtwirtschaft hinterher. Denn die gesamte Wirtschaftsleistung Österreichs (das BIP) ist im gleichen Zeitraum nominell um 4,5 Prozent gestiegen, geben Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria, Franz Jirka, Spartenobmann Gewerbe und Handwerk, und Ludwig Kössler, Spartengeschäftsführer Gewerbe und Handwerk, bei der heutigen Konjunktur-Pressekonferenz in der Tiroler Wirtschaftskammer bekannt.

Unter Berücksichtigung der Preisentwicklung (Inflationsrate 2,1 Prozent) bedeutet dies ein reales Umsatzwachstum im Gewerbe und Handwerk von 1,4 Prozent (2016 gegenüber 2015: +1,7 Prozent). Das reale BIP legte im Vorjahr mit 2,9 Prozent um mehr als das Doppelte zu.

Bornett macht keinen Hehl um die Ursache dieser gebremsten Entwicklung: „Hauptgrund ist schlicht und einfach das Kapazitätsproblem – die Betreibe finden keine Leute. Der Fachkräftemangel ist eine der Hauptwachstumsbremsen“. Und auch Spartenobmann Franz Jirka ergänzt: „Die Auftragsbücher sind überall voll. Der Facharbeitermangel ist tagtäglich ein Problem. Das sind Versäumnisse von Jahren und Jahrzehnten!“

Zu viele Aufträge, zu wenig Fachkräfte
Rund 56 Prozent der Betriebe melden, durch den Fachkräftemangel betroffen zu sein. Doch wie viele Fachkräfte fehlen in Tirol wirklich? Walter Bornett schätzt, dass alleine im Gewerbe und Handwerk rund 3.000 hochqualifizierte Mitarbeiter fehlen. Am stärksten sei der Mangel im Baugewerbe und bei den Holzbranchen, wie Zimmereien und Tischlereien, zu spüren.

„Da ist in letzter Zeit einiges falsch gelaufen. Die Berufswahl ist hauptsächlich von den Eltern bestimmt – und da gab es in der Vergangenheit eben den Trend, die eigenen Kinder in Richtung Studium zu drängen.“ Dass sich das in Zukunft ändern muss, stehe für ihn außer Frage.

Kurzfristig, gibt Spartenobmann Jirka zu bedenken, könne das Problem nur durch die Anwerbung von bereits höher gebildeten Personen (z.b. mit AHS Matura) gelingen. „Wir brauchen die Besten der Besten, wo sich handwerkliches Geschick und Köpfchen gleichermaßen treffen. Da ist das Modell „Lehre nach Matura“ für uns der ideale Weg.“

Trendwende bei Lehrlingen
Leichte Zeichen der Erholung zeigen sich am Lehrlingsmarkt. Auch wenn es für jeden fünften Betrieb schwierig ist, geeignete Lehrlinge zu finden, scheint die Talsohle überwunden zu sein, wie Spartengeschäftsführer Ludwig Kössler erwähnt: „2017 haben wir im Gewerbe und Handwerk erstmals ein Plus verzeichnet, nämlich 2,6 Prozent. Das zeigt, dass die Maßnahmen bei der Berufsorientierung greifen“. Man werde aber auch weiterhin stark daran arbeiten, um in die Lehrausbildung zu investieren und damit das Image der Lehre weiter zu verbessern, so Kössler.

Preisdruck durch Konkurrenz
Doch nicht nur die fehlenden Fachkräfte machen den Branchen zu schaffen, auch die zu geringe Steigerung der Verkaufspreise hat das Umsatzplus gedrückt. Laut Konjunkturbarometer leiden 52 Prozent der Betriebe im Gewerbe und Handwerk unter der Preiskonkurrenz. „Das hat teilweise ruinöse Ausmaße angenommen. Der Druck durch branchenfremde Akteure wird immer größer. Die Gewerbe- und Handwerksbetriebe haben hier oft gar keine andere Wahl, als im Preiswettkampf mitzumachen, sonst ist der Kunde weg“, bestätigt Walter Bornett. Dennoch rate er den Betrieben, mehr Mut bei der Preisgestaltung aufzubringen.

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