Lehre trotzt der Pandemie - Rückgang der Lehrlingszahlen geringer als befürchtet Betriebe suchen weiterhin Lehrlinge und stellen ein. Der Rückgang von knapp 2 Prozent bei der Gesamtzahl der Lehrlinge ist weniger schlimm als man annehmen musste. Die Lehrlingszahlen der Tiroler Wirtschaftskammer zeigen: die Gesamtzahl der Lehrlinge ist um knapp 2 Prozent zurückgegangen. 10.666 erlernen aktuell einen Beruf von der Pieke auf. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation aufgrund der Corona-Pandemie sei das ein mehr als respektables Ergebnis, sagt Tirols  Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser: „Der Rückgang ist nicht erfreulich, aber angesichts von Covid-19 weit weniger schlimm als erwartet. Es zeugt vom Verantwortungsbewusstsein der Tiroler Ausbildungsbetriebe, sie kämpfen um jeden Lehrling. Gerade in der Krise ist es wichtig, auch nach vorne zu schauen und die Weichen für die Zeit danach zu stellen. Nachwuchsarbeit ist eine Investition in die Zukunft, weil Fachkräfte immer gefragt sind. Daran ändert auch Corona nichts.“ Atypisches Lehrjahr mit unterschiedlichen Faktoren Der bisher feststellbare Rückgang hat natürlich vor allem mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu tun. Gleichzeitig gibt es aber weitere Faktoren, nämlich einen generell demographisch schwachen Jahrgang und weniger Schulabbrecher, da mehr Schüler wegen Corona aufsteigen durften. „Es gibt unterbrochene Orientierungsphasen, weil etwa Praxis- und Schnuppertage im Frühjahr nicht durchgeführt werden konnten. In schwer getroffenen Branchen bleiben Stellen derzeit unbesetzt und Anmeldungen der Lehrverträge verzögern sich, weil diese meist erst sehr spät abgeschlossen werden“, so David Narr, Lehrlingskoordinator der Tiroler Wirtschaftskammer. Im ersten Lehrjahr sind die Lehrlingszahlen um knapp 10 Prozent zurückgegangen. „Ich ersuche die Betriebe, trotz der schwierigen Situation, möglichst Lehrlinge auszubilden. Sobald nach Ende der Pandemie die Wirtschaft wieder anzieht, wird auch das Thema des Fachkräftemangels wieder akut. Unternehmen, die an der Ausbildung ihres Fachkräftenachwuchses dran bleiben, werden hier die Nase vorne haben", erklärt Walser. In Tirol gibt es aktuell 3.285 Lehrbetriebe. Größter Lehrlingsausbilder ist die Sparte Gewerbe und Handwerk mit 1.969 Lehrbetrieben und 5.420 Lehrlingen, gefolgt von der Sparte Handel mit 440 Lehrbetrieben und 1.531 Lehrlingen. Unter anderem  ist im Tourismussektor die Zahl der Lehrlinge niedriger als im Vorjahr (2019: 1.157). Überraschend kam das nicht, der Tourismus leidet seit Ausbruch der Corona-Pandemie enorm. Die Gastronomie und der Freizeitbereich ächzen unter den Corona-Maßnahmen, viele Hotels sind mangels Gästen überhaupt geschlossen. Der Sektor bildet aber aktuell noch immer 1.075 Jugendliche aus. „Das ist angesichts der momentanen Situation in einer Branche, in der viele Betriebe um ihre Existenz kämpfen, eine achtbare Leistung“, erklärt Präsident Walser. Die Sparte Bank und Versicherung (97 Lehrlinge/+8) sowie Information und Consulting (230 Lehrlinge/+1) konnten sogar ein leichtes Plus an Lehrlingen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Ausgezeichnete Tiroler Lehrbetriebe In Tirol gibt es derzeit 197 ausgezeichnete Tiroler Lehrbetriebe, was einen neuen Höchststand bedeutet, von denen rund ein Viertel aller Lehrlinge ausgebildet werden. „Die Tiroler Lehrbetriebe erhielten über die Lehrbetriebsförderungen im Jahr 2020 insgesamt an die 24.600.000 Euro ausbezahlt, so hoch wie noch nie“, erklärt Narr. Duales Ausbildung als Chance Die meisten Zuwächse an Lehrlingen gibt es in den Bezirken Innsbruck-Land mit aktuell 1.867 Lehrlingen (2019: 1.827). Aktuell sind beim AMS knapp 1.750 freie Lehrstellen und 500 Lehrstellensuchende gemeldet. „Wer in Tirol eine Lehre machen will, der kann das tun", sind Präsident Christoph Walser und Lehrlingskoordinator David Narr einig. Die Corona-Krise hat zwar vielen Firmen einen Dämpfer verpasst, aber der Aufschwung ist in zahlreichen Branchen bereits wieder im Gang. Vorausschauende Firmen wissen, dass die Herausforderung des Fachkräftemangels auch in Zukunft ein bestimmendes Thema sein wird und investieren in die Ausbildung ihres eigenen Fachkräfte- und Führungsnachwuchses. So absolvieren derzeit auch rund 400 Maturanten eine Lehre in Tirol. „Die duale Ausbildung hat sich bereits in der Vergangenheit als krisensicher bewährt. Gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit zeigt sich, dass die Kombination aus Berufsschule und Ausbildungsbetrieb jene Qualifikation bietet, mit der sich die Anforderungen des Marktes bewältigen lassen“, erklärt Narr. Der Lehrlingskoordinator rät daher Jugendlichen, ihre Chancen zu nutzen. „Ein Blick auf die einschlägigen Internetplattformen wie berufsreise.at, wko.at/lehrbetriebsuebersicht oder ams.at/lehrstellen zahlt sich definitiv aus“, so Narr.