Tiroler Wirtschaft fordert Restart-Programm: Jetzt die Weichen für die Zukunft stellen Im heutigen Wirtschaftsparlament beschließen sämtliche WK-Fraktionen das Restart Programm, das die erforderlichen Maßnahmen für den Neustart auf Bundes- und Landesebene enthält. Im Vorfeld des heutigen Wirtschaftsparlaments – der halbjährlichen Vollversammlung der WK Tirol – präsentierten die Vertreter sämtlicher in der Wirtschaftskammer vertretenen Fraktionen das Restart-Programm. Damit die von der Corona-Krise überdurchschnittlich hart betroffene Tiroler Wirtschaft möglichst rasch wieder in Schwung kommt, braucht es gezielte Maßnahmen auf Bundesebene und auf Landesebene. „Der Schulterschluss sämtlicher Wählergruppen der WK gibt dem Programm den nötigen Nachdruck und macht klar, dass wir den Neustart nur dann schaffen werden, wenn wir alle zusammenstehen“, erklärt WK-Präsident Christoph Walser. Das Restart-Programm besteht aus drei Teilen: den erforderlichen Maßnahmen auf Bundesebene, auf Landesebene sowie einem Schwerpunkt für den Tiroler Tourismus. Zusammengefasst fordern die Wirtschaftsvertreter Schritte in folgenden Bereichen: ein langsames Ausschleifen der Unterstützungen; weniger Steuern; weniger Bürokratie; klare Schwerpunkte für das erfolgreiche Comeback des Tiroler Tourismus; und Impulse etwa im Bereich Investitionen. WK-Präsident Christoph Walser machte die Ausgangslage klar: Tirol ist von der Corona-Wirtschaftskrise wesentlich stärker betroffen als alle anderen Bundesländer. Bis zum Ende der Pandemie wird sich ein Wertschöpfungsverlust von rund 8 bis 10 Milliarden Euro für die Tiroler Wirtschaft ergeben. Der Tourismus erwirtschaftete vor der Pandemie in Tirol rund 18 Prozent der Wertschöpfung. Zum Vergleich: in Deutschland wird aus diesen Sektoren nur rund zwei Prozent der Wirtschaftsleistung generiert. Ein Tiroler Restart-Programm muss daher den Fokus insbesondere auf die (Wieder-)-Belebung der Tourismuswirtschaft richten. Davon profitieren mit dem Tourismus verbundene Sektoren, insbesondere Handel, Bauwirtschaft und Gewerbe. Für ein schnelles und dauerhaftes Comeback des Tiroler Tourismus sind im Restart-Programm drei Schwerpunkte enthalten: Nachhaltigkeit; Regionalität und Authentizität; Familienunternehmen als Träger des Tiroler Tourismus. Dafür ist es nötig, die drei Förderinstrumente Tourismusförderung, Tourismusförderungsfonds sowie die Beratungsförderung auszubauen. „In Summe sind aus Sicht der WK 50 Millionen Euro verteilt auf einen Zeitraum von fünf Jahren notwendig, um eine entsprechende Breitenwirkung zu erzielen“, präzisierte Walser. Der Landessprecher der UNOS Tirol, Stefan Gleinser, berichtete, dass im Bereich Gastronomie aufgrund der Krise zwei Drittel des Personals weggebrochen sind. Daher müsse die Gastronomie derzeit auf viele Quereinsteiger zurückgreifen. Die Aus- und Weiterbildung nimmt für Gleinser einen zentralen Stellenwert für den Neustart ein. Gleinser verwies darauf, dass es einen Ausfallbonus für besonders betroffene touristische Branchen für die Sommersaison 2021 brauche. Auch die Maßnahmen des Wirtschaftsförderungsprogramms des Landes dürfen nicht zu früh auslaufen. Das betrifft beispielsweise die Tiroler Beratungsförderung, die Tiroler Wirtshausinitiative sowie die Kleinunternehmens- und die Tourismusförderung, die bis Ende 2022 von 1 auf 2 Millionen Euro angehoben werden sollte. Hans Unterdorfer, Liste Tiroler Wirtschaft - Bank und Versicherung, verwies auf einen zentralen Punkt im Restartprogramm – den „Tirol Fonds“ zur Eigenkapitalstärkung. Die Krise habe gezeigt, dass die Eigenkapitalquote vieler Betriebe zu niedrig ist. „Die Garantiehöhe soll dabei 100 Prozent betragen und seitens des Landes mit 300 Millionen Euro abgesichert sein. Das Instrument „Tirol Fonds“ könnte zeitlich befristet, zum Beispiel für die nächsten fünf Jahre, aufgesetzt werden bzw. bis die Garantiesumme von 300 Millionen ausgeschöpft ist“, führte Unterdorfer näher aus. Dieser „Tirol Fonds“ würde die Widerstandsfähigkeit der Betriebe in Hinblick auf kommende Krisen deutlich stärken. Max Kloger, Sprecher der Liste Tiroler Industrie, zeigte auf, dass die Digitalisierung durch Corona einen massiven Schub erhalten hat, der für den Standort auch in Zukunft genutzt werden muss. „Dazu gehört der weitere Ausbau des Breitbandnetzes genauso wie die Beschleunigung von Verfahren durch digitale Abwicklung“, erklärte Kloger. Der Spartenobmann betonte auch, dass es gezielte Förder- und Unterstützungsprogramme für Innovations- und Forschungsvorhaben für sämtliche Betriebsgrößen brauche. Zudem regte Kloger an, gemeindeübergreifende Gewerbe- und Industriegebiete zu schaffen. Und der Ausbau der Wasserkraft sei nicht nur für die Industrie, sondern für den gesamten Standort und die Mobilität der Zukunft geboten. Der Sprecher der Grünen Wirtschaft, Michael Carli, ging in seinem Situationsbericht speziell auf den Einzelhandel und auf EPU bzw. Kleinbetriebe ein und verwies auf eine branchenmäßig extrem unterschiedliche Entwicklung während der Pandemie. Daher brauche es punktgenaue Unterstützungen für benachteiligte Branchen in den kommenden Monaten. Der Sprecher der Grünen Wirtschaft forderte, dass innovative Umsetzungs- und Gründungsprojekte im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaneutralität in sämtlichen Förderprogrammen des Landes einen Schwerpunkt bilden sollten. Er verwies darauf, dass die Unterstützung der Tiroler Unternehmen bei der betrieblichen Neuausrichtung in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität einen zentralen Beratungsschwerpunkt der Wirtschaftskammer Tirol bis 2025 darstellt. Winfried Vescoli, Landesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft Tirol, beleuchtete die Auswirkungen der Pandemie auf Dienstleister und Beratungsunternehmen. „Die Pandemie hört bestenfalls in den Jahren 2022 bzw. 2023 auf, denn die Nachwirkungen sind beispielsweise für Versicherungsmakler, die Tourismusbetriebe betreuen, noch länger spürbar“, so Vescoli. Daher sollten Unterstützungen nur schrittweise auslaufen. Darüber hinaus hob Vescoli hervor, dass es nach Ende der Pandemie erforderlich ist, sowohl die Unternehmen als auch die Konsumenten steuerlich zu entlasten, um die Liquidität in den Betrieben zu verbessern und die Konsumnachfrage anzukurbeln. Die konkreten Forderungen der WK in diesem Bereich reichen von der Reduktion der zweiten und dritten Stufe des Einkommensteuertarifs von 35 Prozent auf 30 Prozent und von 42 Prozent auf 40 Prozent über die Senkung der Körperschaftssteuer auf zumindest 20 Prozent bis hin zur Verringerung der Lohnnebenkosten auf 25 Prozent. "Die Summe vieler einzelner Maßnahmen wird unter dem Strich eine spürbare Entlastung der Betriebe bringen", ist Vescoli überzeugt. Der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes (SWV), Michael Kirchmair, beleuchtete die aktuelle Situation aus Sicht des Gewerbes und zeigte die aktuellen Probleme aufgrund der Lieferengpässe bei Rohstoffen auf. Kirchmair unterstrich den akuten Fachkräftebedarf der Betriebe und regte entsprechende Anreize an. Er forderte bei der NoVA ein „Zurück an den Start“, da für massive Belastungen derzeit der falsche Zeitpunkt sei. Kirchmair erläuterte, dass sich der Kauf eines Pritschenwagens, wie er bei gewerblichen Betrieben im Einsatz sei, durch die NoVA-Erhöhung derzeit um 11.000 Euro und ab 2024 um 17.000 Euro verteuere. In Bezug auf die Überprüfung der Testungen etwa in der Gastronomie verwies Kirchmair auf das Südtiroler Modell, das hier auf die Eigenverantwortung setze.