Die Energiewende globaler denken – innovativer handeln: Elektromobilität, synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff als Lösung Ob und wie die Energiewende trotz düsterer Zukunftsaussichten gelingen kann, diskutieren namhafte Verkehrs- und Energieexperten bei den diesjährigen „Igler Mobilitätsgesprächen“ der Wirtschaftskammer Tirol. Den CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist eines der größten Ziele. Dafür braucht es innovative Technologien. EU-Verbote, CO2-Steuer und eine zu enge - nur auf Europa beschränkte - Sicht auf die Problematik wirken sich kontraproduktiv auf die globale Wettbewerbsfähigkeit aus. Liegen die Lösungen außerhalb von Europa? „Es kommt eine immense Herausforderung auf uns alle zu. Ab 2035 sollen keine Pkw mit Verbrennungsmotoren neu zugelassen werden. Dazu ist bereits im April 2023 die entsprechende Rechtsvorschrift der EU in Kraft getreten“, sagt Alexander Gutmann, Obmann des Tiroler Energiehandels. Mit dieser Maßnahme will die EU ihr Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verwirklichen. Bis 2035 sollen die Emissionen von neuen Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen auf null reduziert werden. E-Mobilität wird deshalb in vielen europäischen Ländern forciert und entsprechend gefördert. E-Autos aber sind in ihrer Gesamtbetrachtung weit weg von CO2-neutral und für viele nicht erschwinglich. Bei den derzeit unberechenbaren Energiepreisen sind auch die laufenden Kosten höher als gedacht. Hohe CO2-Steuer und steigende Inflation Hinzu kommt die seit Oktober 2022 geltende CO2-Steuer in Höhe von 30 Euro je Tonne CO2-Ausstoß durch fossile Brenn- und Heizstoffe. Diese Steuer wird bis 2025 sukzessive auf bis 55 Euro pro Tonne steigen. Alexander Gutmann sieht diese Entwicklung kritisch. Für ihn ist es „der falsche Zeitpunkt für die Erhöhung der CO2 -Steuer, die die Inflation zusätzlich anheizt. Die gesamte Bevölkerung und die Wirtschaft werden trotz bestehender Teuerungswelle nochmals belastet: Sei es für das Kfz oder das Heizen und Zweiteffekte durch gestiegene Transportkosten, die alle Produkte teurer machen.“ Innovationen positiv sehen Jürgen Roth, Vorstand der eFuel Alliance Österreich, warnt außerdem vor innovationsfeindlichen Rahmenbedingungen: „Wir werden die Energiewende nicht schaffen, wenn wir nur auf einen einzigen Energieträger setzen. Was es braucht, sind Technologieoffenheit und Energievielfalt. Nur dann können wir das Innovationspotenzial der österreichischen Wirtschaft heben. Verbote kappen ganze Technologiestränge und wären daher ein falsches Signal für den Wirtschaftsstandort Österreich. Bei eFuels-Technologien gehören österreichische Unternehmen zu den besten der Welt. Diese sollten sich an der Energiewende entsprechend einbringen können.“ Energieproblematik lokal nicht lösbar „Die Reduktion der Treibhausgase ist ein globales und kein lokales Problem. Es muss kontinental betrachtet werden, da es weder interkontinentale Hochspannungs­leitungen noch Wasserstoff-Pipelines oder Schiffe mit den für die Energiewende notwendigen Kapazitäten gebe“, gibt Univ.-Prof. Georg Brasseur, ehemaliger Präsident der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, zu bedenken. Kontinente wie Europa werden eFuels importieren müssen, während andere Kontinente wie Afrika und Australien in erster Linie eFuels exportieren werden. Welche Alternativen und Kombinationsmöglichkeiten gibt es? Vertraut man der Einschätzung des Experten lassen sich in Europa die bestehenden Energieträger wie Wasserkraft, Atomenergie, Biomasse und sonstige Erneuerbare, sogenannte Low-CO2-Energieträger, nicht mehr so weit ausbauen, dass die Energiewende zu schaffen sei. Folglich müssten zusätzliche volatile Kraftwerke – wie Solar- und Windparks – in Europa elektrische Energie generieren, um genug Wasserstoff (in Form von gasförmigen oder flüssigen eFuels) zu produzieren, der bei einer Zunahme des Stromverbrauchs die Versorgung abdeckt und die Industrie mit Wasserstoff versorgt. Solar- und Windparks haben aber den Nachteil, dass sie nicht gleichmäßig, sondern nur schwankend Energie liefern und wertvolle natürliche Ressourcen kosten. Der große Rest des in Europa benötigten fossilen Energiebedarfes könnte aber über eFuels importiert werden. Lösungsansätze liegen außerhalb von Europa Die Errichtung von Solar- und Windparks in anderen Regionen der Welt hätte den Vorteil, dass mit wesentlich höherer Auslastung weniger Rohstoffeinsatz für die gleiche generierte Energiemenge nötig wäre. Gleichzeitig würde die Auslagerung in Schwellenländer den Menschen dort Arbeit geben und Armut und Hunger bekämpfen. Generell wäre es von Vorteil, wenn die Politik nicht mit Verboten agiert, wie z. B. dem Aus für Verbrennungsmotoren im Individualverkehr oder Erdgasleitungen in neuen Häusern. Denn nur durch Technologieoffenheit entstehen neue Lösungen für die vielfältigen Probleme der Energiewende. So kann Europa wettbewerbsfähig bleiben Wenn die EU hingegen fossile Energie verbanne, fasst Brasseur zusammen, dann sinke deren Weltmarktpreis und in anderen Ländern steige die Nachfrage. Es komme zu Verlagerungseffekten in diese Länder und die Europäer ruinieren sich selbst, ohne dass es dem Weltklima in irgendeiner Weise hilft. Solange andere Industrienationen (Kontinente) vorwiegend billige fossile Energieträger verwenden, verliert Europa durch den Umstieg auf ein schwankendes Energiesystem seine globale Wettbewerbsfähigkeit.