2024: In schwierigem Umfeld jede Chance nutzen Die Ausgangslage für die Tiroler Wirtschaft zu Beginn des neuen Jahres ist herausfordernd. Der Arbeitskräftemangel ist für viele Betriebe nach wie vor ein Problem, die Energiepreise und die Inflationsrate verursachen hohe Kosten, und die Kaufkraft ist gedämpft. Der Tourismus stellt eine wertvolle Stütze für den Standort Tirol dar. Die Verkehrswirtschaft und der Handel, vor allem aber die Industrie befinden sich stark unter Druck. „Es sieht also auf den ersten Blick relativ durchwachsen aus“, betont Wirtschaftskammer–Präsidentin Barbara Thaler, „auf den zweiten Blick zeigen sich jedoch auch Lichtblicke und Chancen.“ Dazu gehört die breite Struktur unseres Wirtschaftsstandortes. Tirol hat mit seinem einzigartigen Mix aus Dienstleistern und Produktionsbetrieben, aus kleinen, mittleren und großen Betrieben, aus Spezialisten und Allroundern, die Krisen der letzten Jahre besser überstanden als andere Standorte. „Ich habe in den vergangenen Jahren viele europäische Regionen kennengelernt - wenige sind so breit und stabil aufgestellt. Diese Balance müssen wir uns erhalten“, betont Thaler. Große Möglichkeiten liegen für Thaler in der fortschreitenden Digitalisierung. Eine „Verbesserung von Abläufen“ führe schlichtweg zu Effizienzsteigerung – das wirkt dem Arbeitskräftemangel entgegen und entlastet damit vor allem auch bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt sind es für Barbara Thaler unternehmerische Antworten, die Zukunftslösungen bringen. „Herausfordernde Zeiten sind Zeiten des Unternehmergeistes. Und dieser ist in jedem Betrieb und in der Wirtschaftskammer Tirol zu Hause“, so Thaler. Eine der zentralen Aufgaben der Wirtschaftskammer Tirol liegt für die Präsidentin darin, für die heimischen Betriebe geeignete Rahmenbedingungen auf allen Ebenen zu schaffen. Thaler sieht sowohl beim europäischen Lieferkettengesetz als auch bei den Regeln zu Wasserstoffproduktion und Import in die EU grobe Mängel, unterstreicht aber durchaus die großen Möglichkeiten Europas, auf der Weltbühne zu punkten. „Wir dürfen uns nicht klein reden, sondern müssen unsere Chancen nutzen“, fordert Thaler. Dass Interessenvertretung wirkt, hat sich für Thaler deutlich beim Gesetz zur Höheren Beruflichen Bildung gezeigt, das nach jahrelanger Überzeugungsarbeit im Dezember beschlossen wurde. Dieses Gesetz gilt als bedeutender Meilenstein für die berufliche Bildung in Österreich. Auch 2024 wird die WK Tirol neben den Bereichen Service und Bildung vor allem auf die Interessen der heimischen Betriebe achten: „Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Tiroler Betriebe das Umfeld vorfinden, um das zu tun, was sie am besten können: Etwas unternehmen“, erklärt Barbara Thaler. Arbeitskräftemangel Der Bezirk Innsbruck-Land blickt zurück auf herausfordernde Zeiten. Aufgrund der guten Durchmischung sämtlicher Branchen und der gesunden Unternehmensstrukturen bewies der Bezirk aber auch in der Krise eine hohe Resilienz. „Der sich zuspitzende Mangel an Arbeitskräften ist nach wie vor das brennendste Thema unserer Unternehmer:innen. Um dem strukturellen Problem entgegenzuwirken, ist es wichtig, an allen Stellschrauben gleichzeitig zu drehen“, weiß Patrick Weber, WK-Bezirksobmann für Innsbruck-Land. Der Bezirksobmann befürwortet daher den qualifizierten Zuzug aus Drittstaaten. Des Weiteren spricht sich Weber für mehr Voll- statt Teilzeitarbeit, steuerbefreites Arbeiten für Pensionist:innen sowie die steuerliche Begünstigung von Überstunden aus. „Wer viel leistet, soll dafür auch belohnt werden“, so der Bezirksobmann. Um das Problem bereits an der Wurzel anzugehen, setzt die WK-Bezirksstelle Innsbruck-Land aber vor allem auf einen Ausbau der Informationsveranstaltungen in Form von Lehrlingsmessen und dem jährlich stattfindenden Berufs-Festival. Die Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche sollen einen Einblick in die Arbeitswelt liefern und so eine Entscheidungshilfe für den späteren Berufsweg bieten. Darüber hinaus bietet auch das Bildungsconsulting der Tiroler Wirtschaftskammer professionelle Unterstützung bei der Berufsorientierung. „Das neue Bundesgesetz – die Höhere Berufliche Bildung – wird im Jänner in Kraft treten, was der dualen Ausbildung noch mehr Anziehungskraft verleiht“, verweist Weber auf die steigenden Lehrlingszahlen im Bezirk, die langfristig einen wesentlichen Eckpfeiler für die Linderung des Arbeitskräftemangels darstellen. All diese Initiativen und Maßnahmen sieht der Bezirksobmann aber an eine Voraussetzung geknüpft. „Wir brauchen Menschen, die für ihre Sache brennen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Jugendlichen mit Begeisterung, Engagement und Leistungsfreude arbeiten können“, beschreibt Patrick Weber seinen Ansatz, „Wenn wir das schaffen, haben wir unseren Job gut gemacht und ein Teil des Arbeitskräftemangels wird sich von selbst erledigen“. Leistbares Wohnen Auch das Thema „Leistbares Wohnen“ stellt derzeit viele Menschen im Bezirk vor große Herausforderungen. „Aufgrund dergestiegenen Zinsen benötigt man für einen Wohnungskauf von 450.000 Euro ein Nettoeinkommen von fast 6.000 Euro – weit entfernt vom durchschnittlichen Haushaltseinkommen von 3.350 Euro“, fordert der Bezirksobmann die Politik auf, hier gegenzusteuern, „Sinnvolle Maßnahmen, um junge Familien und Häuslbauer:innen zu unterstützen, wären die Anpassung oder Abschaffung der KIM-Verordnung, Mehrwertsteuerbefreiungen für Hauptwohnsitze und zinsverbilligte Kredite für klimafreundliche Neubauten und Familienwohnungen“. Währenddessen zeigt der Blick nach Deutschland auf, dass sich Ansätze für mehr leistbaren Wohnraum durchaus realisieren lassen. Mit dem Pilotprojekt „Einfach bauen“ sollen dort Normen reduziert werden, um schnelleres, einfacheres und ressourcenschonenderes Planen und Bauen zu ermöglichen. „Wie von der Bauinnung längst vorgeschlagen, muss die Politik endlich die überzogenen Auflagen und Standards bei Bauprojekten herunterfahren. Auch das würde den Wohnbau verbilligen“, fordert Weber die Politik auf, endlich ins Handeln zu kommen. Energiewende Darüber hinaus erkennt der Obmann der WK-Bezirksstelle Innsbruck-Land die dringende Notwendigkeit der Energiewende im Land. „Wenn wir das Thema richtig angehen, hilft die Energiewende nicht nur dem Klima, sondern auch unserer Wirtschaft“, beschreibt Bezirksobmann Weber die entstehenden Chancen. „Unsere Betriebe – allen voran die Industrie - können nur international konkurrenzfähig sein, wenn leistbare und nachhaltig erzeugte Energie zur Verfügung steht und wir der fossilen Erpressbarkeit entgehen“, so Weber weiter. Gleichzeitig verfügen die Betriebe in Tirol über das Know-how, Gebäude in Kraftwerke zu verwandeln und energieautonome Neubauten zu errichten. „Wir erwarten von der Politik weniger Regulierung und mehr Freiräume für Unternehmen, um effiziente und schnelle Lösungen zu finden, um das gesamte Potenzial in unserem Bezirk nutzen zu können“, so der Bezirksobmann abschließend.