Der Tiroler Handel kämpft mit Umsatzrückgängen und Konsumzurückhaltung 2024 war das zweite Jahr in Folge mit einem Umsatzminus. Es braucht dringend gezielte Maßnahmen, um die Abwärtsspirale zu stoppen und in einen Aufwärtstrend zu drehen. Die wirtschaftliche Lage im Tiroler Handel bleibt angespannt. Nach Umsatzrückgängen im Jahr 2023 steht auch für 2024 ein nominelles Minus von 2,3 % und ein preisbereinigtes Minus von 2,8 % zu Buche. „Der Handel erfüllt insofern gezwungenermaßen zwar weiterhin eine inflationsdämpfende Funktion, was aber gleichzeitig bedeutet, dass es den Tiroler Handelsbetrieben nicht gelingt, ihre Preise an die gestiegenen Kosten anzupassen. In vielen Bereichen ist das auch schlichtweg einfach unmöglich. Die daraus resultierenden Ertragsprobleme setzen den Betrieben enorm zu – viele stehen mit dem Rücken zur Wand", konstatiert Dieter Unterberger, der Obmann der Sparte Handel in der Tiroler Wirtschaftskammer. Glaubt man aktuellen Wirtschaftsprognosen, darf für heuer zumindest auf eine leicht positivere Entwicklung gehofft werden. So geht etwa das WIFO davon aus, dass die Bruttowertschöpfung im österreichischen Handel 2025 real um 0,6 % steigt und die Konsumausgaben um real 0,8 % zulegen werden. Dennoch zeigt ein Blick in verschiedene Bereiche des Tiroler Handels, dass die Stimmung und die Erwartungen weiterhin von großen Unsicherheiten getrübt bleiben. Viele Branchen spüren die Konsumzurückhaltung Für Wolfgang Feucht, Obmann der Tiroler Modehändler, und Katrin Brugger, Sprecherin der Tiroler Sportartikelhändler, sind die aktuellen Entwicklungen besorgniserregend. „2024 mussten 35 % mehr Handelsbetriebe schließen als noch 2021. Wenn wir nicht bald eine Trendwende schaffen, verlieren wir nicht nur Unternehmen, sondern auch Arbeitsplätze und die Attraktivität unserer Innenstädte“, zeichnet Wolfgang Feucht ein alarmierendes Bild. Katrin Brugger ergänzt: „Viele Tiroler Händler haben großartige Produkte und ein hohes Servicelevel, aber es wird immer schwieriger, sich gegen multinationale Plattformen zu behaupten. Minus 1,4 % in unserer Branche im Vergleich zum ohnehin bereit schwachen Vorjahr sprechen eine deutliche Sprache. Die jüngsten Insolvenzen und Geschäftsschließungen zeigen, dass wir dringend nachhaltige Lösungen brauchen.“ Auch der Papier- und Spielwarenhandel leidet unter der vorherrschenden Kaufzurückhaltung. Verena Wieser, Obfrau der Branche, berichtet von einem Umsatzminus von 7,5 %: „Die hohen Sparquoten der Konsumentinnen und Konsumenten treffen uns hart. Besonders im Spielwarenbereich beobachten wir, dass viele Eltern und Großeltern ihre Einkäufe zurückstellen oder sich für günstigere Alternativen entscheiden. Das wirkt sich direkt auf die Geschäfte aus – und damit auf die Vielfalt des stationären Handels.“ Besondere Herausforderung für Innenstädte und Ortszentren Wie wichtig ein lebendiger Handel für das gesellschaftliche Zusammenleben ist, zeigt sich besonders in den Stadt- und Ortszentren. Dazu meint Gabriel Winkler, Juwelier und Obmann der Kaufmannschaft Landeck-Zams: „Wir setzen alles daran, dass ausgestorbene Dörfer oder Straßenzüge im ganzen Land nicht bald Realität werden. Allerdings kann es nicht sein, dass die Unternehmen die alleinige Verantwortung dafür tragen müssen. Es braucht gezielte Maßnahmen, um Betriebe zu entlasten und das Konsumklima zu verbessern.“ Regionaler Onlinehandel als kleiner Lichtblick Angesichts des insgesamt schwierigen Umfeldes stellt die positive Weiterentwicklung des regionalen Onlinehandels einen kleinen Lichtblick dar. Markus Schwarzenberger, Sprecher der Tiroler Onlinehändler, sieht hier auch künftig Wachstumschancen. „Mit einem preisbereinigten Wachstum von 3,6 % zeigt der Tiroler Onlinehandel, dass digitale Vertriebskanäle immer wichtiger werden. Viele stationäre Händler haben hier aber noch Aufholbedarf – wer seine Online-Sichtbarkeit stärkt und zusätzliche digitale Verkaufsmöglichkeiten nutzt, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern“, so Schwarzenberger, der ergänzt: „Die Wirtschaftskammer Tirol unterstützt Handelsbetriebe dabei mit gezielten Beratungsangeboten – etwa durch die 2023 eingerichtete E-Commerce-Servicestelle, die Unternehmen hilft, sich digital besser aufzustellen." Arbeitsmarkt: Handel weiter ein wichtiger Arbeitgeber Trotz der angespannten Wirtschaftslage bleibt eines allerdings unverändert: der Handel ist ein zentraler Arbeitgeber in Tirol. 2024 gab es 1.551 offene Stellen – auf den ersten Blick ein Widerspruch zur schwierigen Lage, doch Spartenobmann Dieter Unterberger erklärt: „Im Gegensatz zu anderen Branchen kann der Handel nicht einfach Personal abbauen, wenn die Umsätze sinken. Die Mitarbeiterzahl muss sich an der Geschäftsfläche orientieren – das bedeutet, dass viele Unternehmen trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten keine großen Einsparungen beim Personal vornehmen können. Diese besondere Situation im Handel verhindert zwar größere Stellenkürzungen, zeigt aber auch das Dilemma vieler Betriebe: Fehlt langfristig die Rentabilität, wird es schwierig, Arbeitsplätze zu sichern." Fazit: Handel braucht die richtigen Rahmenbedingungen Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die wirtschaftlichen Herausforderungen für den Tiroler Handel bleiben groß. Doch es gibt auch Chancen, wenn die richtigen Hebel in Bewegung gesetzt werden. Es gilt, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen – politische Entscheidungsträger werden dabei nicht ausgenommen – um aus dieser Abwärtsspirale wieder einen Aufwärtstrend zu machen. Es müssen vor allem geeignete Rahmenbedingungen geschaffen und Maßnahmen ergriffen werden, um die hohe Inflation nachhaltig zu bekämpfen. Trotz steigender Realeinkommen haben die Konsumentinnen und Konsumenten die hohe Inflation der Vorjahre noch nicht überwunden. Nur wenn die anhaltende Verunsicherung durchbrochen wird, können die Konsumausgaben steigen. Besonders für Händler in Innenstädten oder Dorfzentren ist das Konsumklima entscheidend – nur wenn die Stimmung passt, werden im Non-Food-Handel Ausgaben getätigt.