Industrie-Obmann Wex: „Wir brauchen eine wirtschaftliche Trendumkehr – jetzt“ Drei Jahre Rezession, hohe Standortkosten und der weiter zunehmende Fachkräftemangel führen zu einem kontinuierlichen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit - dem muss rasch entgegengesteuert werden. „Wir stehen am wirtschaftlichen Tiefpunkt. Österreich verliert jährlich rund 10.000 Industriearbeitsplätze, die wirtschaftliche Dynamik ist zum Stillstand gekommen, im internationalen Vergleich rutschen wir immer weiter ab.“ Mit klaren Worten beschreibt Karlheinz Wex, der neue Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Tirol, die gegenwärtige Lage der österreichischen Industrie. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Wex seine Analyse und die daraus abgeleiteten Prioritäten vor. Im Mittelpunkt stehen zwei Bereiche: die Rückgewinnung der Wettbewerbsfähigkeit und die Bewältigung der Personalproblematik. Der neue Obmann der Tiroler Industrie fordert eine rasche und entschlossene wirtschaftspolitische Trendumkehr. Die aktuelle Lage sei nicht rein das Ergebnis äußerer Umstände, sondern vor allem hausgemacht. „Während andere Länder wie Dänemark, die Niederlande oder die Schweiz erfolgreich wirtschaften, fehlt es bei uns an Reformbereitschaft, Effizienz und Ehrlichkeit“, betont er. Um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie wiederherzustellen, braucht es aus Sicht der Sparte Industrie strukturelle Veränderungen auf mehreren Ebenen. Ein zentraler Hebel liegt in der Senkung der Arbeitskosten. Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Abgabenquote weltweit. Die veraltete Benya-Formel habe maßgeblich zur Entkoppelung von Produktivität und Lohnentwicklung beigetragen. Lohnnebenkosten belasten die Unternehmen massiv. „Wer arbeitet, muss spürbar mehr verdienen als jemand, der nicht arbeitet – und zwar nicht nur netto, sondern auch aus Sicht der Arbeitgeber“, fordert Wex. Die steuerliche Benachteiligung von Vollzeitbeschäftigung gegenüber Teilzeitarbeit sei ein Bremsklotz für die Leistungsbereitschaft. Dazu komme eine starke Steuerprogression, die gerade mittlere Einkommen unverhältnismäßig belastet. Ein zweiter kritischer Faktor sind die Energiepreise. Die Industrie kämpft mit hohen Stromkosten, die im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig sind. Wex verlangt den entschlossenen Ausbau der Wasserkraft, den Ausbau von Speicherkapazitäten und eine faire Strompreiskompensation nach europäischem Vorbild. „Ohne wettbewerbsfähige Energiepreise gibt es keine industrielle Zukunft in Österreich“, so Wex. Gleichzeitig gelte es, die Preisfindung am Strommarkt auf den Prüfstand zu stellen. Ein dritter und eng damit verbundener Punkt ist der Bürokratieabbau. „Kein Bereich ist seit 2019 so stark gewachsen wie die Verwaltung“, kritisiert Wex. Lange Genehmigungsverfahren, immer neue Vorschriften und fehlendes Vertrauen in die Wirtschaft hätten aus vielen Unternehmerinnen und Unternehmern Bürokratieverwalter gemacht. Der Staat müsse bei sich selbst anfangen zu sparen und überflüssige Regelungen konsequent abbauen. Neben der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit rückt Wex besonders die Personalproblematik in den Fokus. „Wir haben in der Industrie keinen allgemeinen Arbeitskräftemangel, sondern vielmehr einen massiven Mangel an qualifiziertem Personal“, stellt er klar. Die Ursachen sieht er unter anderem im Bildungssystem. Jugendliche müssten nach neun Jahren Schulpflicht in der Lage sein, eine Lehre zu beginnen und erfolgreich zu absolvieren. „Wenn das nicht gelingt, versagt das System“, so Wex. Darüber hinaus fordert er eine stärkere Differenzierung in der Zuwanderungspolitik. „Wir brauchen gezielte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften – keine Öffnung ohne Qualitätssicherung.“ Auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung brauche es mutige Reformen nach internationalem Vorbild. Zusammengefasst sieht Spartenobmann Karlheinz Wex gewaltige Herausforderungen für den Standort, die aber lösbar sind, wenn jetzt gehandelt wird: „Es braucht einen nationalen Schulterschluss, strukturelle Reformen und endlich wieder eine ehrliche Debatte über Leistung, Wohlstand und Verantwortung. Österreich darf sich nicht weiter selbst im Weg stehen.“