22.08.2024    4 Bilder

Wirtschaft fordert faire Auftragsvergabe

Fairness und Handschlagqualität: Regionalität spielt eine entscheidende Rolle für die heimische Wirtschaft.
© WK Tirol/ Die Fotografen (Abdruck honorarfrei)

Martin Wetscher, Vizepräsident der WK Tirol, Veronika Opbacher-Egger, Obmann-Stellvertreterin der Sparte Gewerbe und Handwerk sowie Dietmar Hernegger, Spartenobmann Information und Consulting (v.l.).

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„Nur wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut.“ Dieser Slogan der Wirtschaftskammer wurde oft kritisiert, doch die Wahrheit dieser Aussage wurde besonders während der Lockdown-Wochen schmerzlich bewusst. Zahlreiche Initiativen wurden ins Leben gerufen, um regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Denn die lokalen Betriebe tragen wesentlich zum sozialen und kulturellen Leben in Tirols Dörfern und Städten bei. „Regionalität stärkt die heimische Wirtschaft, fördert nachhaltige Praktiken und bewahrt kulturelle Identität. Faire Vergaben sichern Arbeitsplätze und führen zu einer robusteren, widerstandsfähigeren Wirtschaft“, betont Dietmar Hernegger, Obmann der Sparte Information und Consulting der Tiroler Wirtschaftskammer und Geschäftsführer der gleichnamigen Druckerei.

Auch Aufträge der öffentlichen Hand zählen dazu und sind ein bedeutender wirtschaftspolitischer Hebel. „Schon jetzt könnte die öffentliche Hand mehr Aufträge an regionale Bieter vergeben – leider geschieht dies selten. Obwohl Auftraggeber im Bestbieterverfahren relativ freie Hand bei der Wahl von Zuschlagskriterien haben, entscheidet in der Praxis oft der Preis über die Vergabe“, erklärt Hernegger, der die Errichtung einer Landesdruckerei kritisch sieht: „Es ist entscheidend, dass Druckaufträge möglichst an lokale Unternehmen vergeben werden. Diese sichern Arbeitsplätze, zahlen Steuern und bilden Lehrlinge aus. Eine Konkurrenzierung durch das Land Tirol widerspricht diesem Ziel. Die Unterstützung der lokalen Wirtschaft und der schonende Umgang mit Ressourcen müssen Priorität haben. Daher fordern wir Klarheit darüber, in welchem Umfang die Landesdruckerei Aufträge übernehmen und für welchen Kundenkreis sie drucken soll.“

Bestbieterprinzip statt Billigstbieterprinzip
Auch das Tiroler Gewerbe und Handwerk, insbesondere die Bauwirtschaft, sieht sich zunehmend mit dem Problem konfrontiert, dass öffentliche Aufträge häufig nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden. Dies führt oft zu minderwertiger Qualität, Verzögerungen und höheren Gesamtkosten. Regionale Handwerksbetriebe, die für ihre Qualität und Zuverlässigkeit bekannt sind, werden dadurch benachteiligt. „Das Bestbieterprinzip motiviert Unternehmen, in Qualität, Innovation und Weiterbildung zu investieren, was zur Weiterentwicklung der gesamten Branche beiträgt“, erläutert Veronika Opbacher-Egger, Spartenobmann-Stellvertreterin des Gewerbe und Handwerks. „Lokale Bau- und Handwerksbetriebe tragen wesentlich zur wirtschaftlichen Stabilität Tirols bei. Das Bestbieterprinzip stellt sicher, dass diese Betriebe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt werden, was Arbeitsplätze sichert und die regionale Wirtschaft stärkt. Es garantiert zudem, dass Bauprojekte nach höchsten Qualitätsstandards ausgeführt werden, was zu langlebigen und nachhaltigen Ergebnissen führt.“

Schließlich fördert das Bestbieterprinzip eine nachhaltige Wirtschaft. Die Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Auftragsvergabe unterstützt Unternehmen, die verantwortungsvoll wirtschaften, und trägt so zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung bei: „Es ist entscheidend, dass die öffentliche Hand auf das Bestbieterprinzip setzt. Nur so können wir sicherstellen, dass Projekte nicht nur kosteneffizient, sondern auch qualitativ hochwertig und nachhaltig umgesetzt werden. Die Förderung regionaler Betriebe ist dabei nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein soziales Anliegen.“

Verantwortung tragen wir alle
Nicht nur die öffentliche Hand sollte bei ihren Einkäufen regional agieren, auch die Tirolerinnen und Tiroler tragen Verantwortung. Der „rund um die Uhr“-Einkauf im Internet erfreut sich großer Beliebtheit. „Mit Sorge beobachten wir, dass chinesische Billiganbieter wie Temu und Shein auf dem Vormarsch sind“, erklärt Martin Wetscher, Vizepräsident der Tiroler Wirtschaftskammer. „Diese Onlineriesen unterlaufen europäische Wettbewerbsregeln und fluten die EU täglich mit hunderttausenden Billigartikeln.“

Doch es sind nicht nur die neuen Rivalen aus Fernost, die den Tiroler Handel unter Druck setzen. Auch die Kaufentscheidungen der Konsumentinnen und Konsumenten spielen eine wichtige Rolle in Sachen Fairness: „Wer den Wunsch nach einem funktionierenden regionalgesellschaftlichen Leben verspürt – wie Spielplätze, Vereine oder Veranstaltungen – muss auch ein Gespür und eine Wertschätzung für die Betriebe und Geschäfte vor Ort haben. Unsere Kaufentscheidungen beeinflussen unseren Lebensraum“, betont Wetscher. Die Vorteile des Einkaufs im Geschäft sind vielfältig: Das Erlebnis, die Ware zu sehen, zu fühlen und auszuprobieren, der persönliche Kontakt und die fachkundige Beratung durch das Verkaufspersonal. Zudem kann die Ware sofort mitgenommen werden, ohne auf den Versand warten zu müssen. „Deshalb braucht es einen Schulterschluss zwischen dem Land, den Betrieben und den Konsumentinnen und Konsumenten. Handschlagqualität, die Vertrauen und Zuverlässigkeit impliziert, spiegelt sich in der Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen wider, die nicht nur qualitativ hochwertig sind, sondern auch unter fairen Bedingungen hergestellt und angeboten werden.“

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